Bitte auch eine Klagsdrohung!

Offener Brief an die Rechtsanwaltskanzlei Jarolim & Partner ()

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe aus den Medien vernommen, dass Sie im Auftrag der Wiener Stadtregierung serienweise Klagsdrohungen an Menschen versendet haben, von denen Sie oder Ihr Mandant vermuten, an der Besetzung der Lobauautobahn-Baustellen beteiligt zu sein oder mit ihnen zu sympathisieren. Viele von ihnen sind noch Kinder.

Ich bin enttäuscht darüber, dass ich keine solche Klagsdrohung bekommen habe. Ich habe als Berater die Plattform „coachesforfuture“ gegründet, sympathisiere mit den Anliegen dieser jungen Menschen, die meine und Ihre Kinder sein können und wegen der Versäumnisse unserer Generation für ihre Zukunft auf die Straße und auf die Baustelle gehen. Ich und meine mittlerweile rund 110 Kolleg:innen im ganzen deutschen Sprachraum beraten sie unentgeltlich – vielleicht reichen diese Umstände für eine Mittäterschaft.

Ich habe auch Vortaten gesetzt, die in einem Gerichtsverfahren gegen mich geltend gemacht werden können: In dieser Region selbst schon einmal eine Baustelle besetzt – die in der Hainburger Au, die mittlerweile ein international rennomierter Nationalpark ist. Weiters habe ich vor Jahrzehnten als Umweltaktivist in Salzburg widerrechtlich mit Dispersonsfarbe Fahrräder an die Staatsbrücke gemalt, wo mittlerweile ein Radweg ist und jedes Jahr mehrere Leben rettet. Ich war auch schon mal in der Lobau. Gegen Zwentendorf war ich zu jung, aber gegen Wackersdorf war ich auch auf der Straße.

Ich möchte Sie daher bitten, mir auch eine Klagsdrohung zuzustellen und sehe einem Gerichtsverfahren freudig entgegen. Ich würde mich auch über eine Verbandsklage an #coachesforfuture freuen und bitte Sie, uns richtig zu schreiben: Nicht Coaches for Future, und auch nicht coaches4future, sondern „#coachesforfuture“.

Mit freundlichen Grüßen, Claus Faber

Kleiner Absatz zur Erklärung, was da vor sich geht: Amnesty International bezeichnet diese Vorgangsweise als “SLAPP” – eine Ohrfeige als Kurzform für “Strategic Lawsuit Against Public Participation” – eine vielgeübte Praxis von finanzstarken Lobbies gegen Bürger:innenprotest. Als #coachesforfuture nehmen wir üblicherweise zu konkreten politischen Forderungen nicht Stellung. Unser Thema ist allerdings Beteiligung, und 13-jährigen Kindern millionenschwere Klagsdrohungen zu schicken, erfordert, sich zu deklarieren.

Es gibt ein paar Möglichkeiten, sich zu positionieren. Eine davon ist die Methode, die Mahatma Gandhi gegen das Salzmonopol der Briten nützte: Ein Inder, der Salz sammelt, wird eingesperrt. Tausende können nicht eingesperrt werden.

Also lade ich alle Menschen, die können, ein: Geht einmal auf die Lobau-Baustelle und schreibt eine Mail an Jarolim & Partner () mit der Bitte, auch geklagt zu werden. Mit hunderten Klagen, von denen sie einen Großteil verlieren würden, werden sie nicht fertig. Das schützt auch jene, die sich ein Verlieren der Klage nicht leisten können.

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